Beim Bewerben gilt: Das klassische Versenden der Bewerbungsunterlagen per Post ist meist besser als ein Versenden per Email – zumindest wenn die Adressaten kleinere und mittlere Unternehmen sind.
„Soll ich mich per Post oder Mail bewerben?“ Vor dieser Frage stehen (Hoch-)Schulabgänger oft, wenn sie sich für eine Stelle interessieren – zumindest dann, wenn die Adressaten Klein- und Mittelunternehmen sind. Denn auf ihrer Webseite gibt es meist noch keine Online-Maske zum Sichbewerben. Und wenn doch? Dann überlassen sie es meist trotzdem den Bewerbern, wie sie sich bewerben.
Eindeutig ist die Sache, wenn in einer Stellenanzeige steht: „Bitte senden Sie Ihre elektronische Bewerbung an: …..“ Dann sollten Bewerber diesen Wunsch selbstverständlich akzeptieren, betont Alexander Walz, Geschäftsführer der Personalberatung Conciliat, Stuttgart. Dasselbe gilt, wenn in der Anzeige steht: „Bitte senden Sie Ihre schriftliche Bewerbung an:…..“
Um Zweifelsfall lieber schriftlich
Schwieriger ist die Entscheidung, wenn den Bewerbern der Bewerbungsweg nicht vorgegeben wird. Dann empfiehlt Walz Stellensuchern, sich im Zweifelsfall per Post zu bewerben – zumindest bei Klein- und Mittelunternehmen. Denn deren Personalverantwortliche bevorzugen meist schriftliche Bewerbungen.
So zum Beispiel Rudolph Welcker, Geschäftsführer der Weseler Teppich GmbH, die unter dem Markennamen Tretford Teppichböden produziert und vertreibt. Er gibt bei qualifizierten Stellen den Bewerbern stets vor: „Bitte bewerben Sie sich schriftlich.“ Denn aus einer Online-Bewerbung „geht nicht so klar hervor, was für ein Typ ein Bewerber ist“. Allein schon die gewählte Mappe und das gewählte Papier, so Welckers Erfahrung, sagen etwas über den Bewerber aus. Und aus der Summe solcher Kleinigkeiten könne man bereits vor dem eigentlichen Auswahlverfahren in etwa ableiten, „wie ein Bewerber tickt und wie ernsthaft seine Bewerbung ist“. Zumal eine schriftliche Bewerbung „eine höhere Investition an Zeit und Geld erfordert“. Denn hierfür müssen die Unterlagen ausgedruckt, gebunden und eingetütet sowie der Um-schlag frankiert und zur Post gebracht werden. Deshalb besteht Welcker bei Stellen, „bei denen auch die mündliche und schriftliche Kommunikation von Bedeutung ist“, auf schriftliche Bewerbungen. Anders ist es, wenn er einen Lagerarbeiter sucht.
Auch Uwe Goldschmidt, Key-Account-Manager bei der Werbeagentur Creativteam, Hannover, empfiehlt Bewerbern, sich im Zweifelsfall „offline zu bewerben – obwohl wir ein IT-affines Unternehmen sind“. Denn schriftliche Bewerbungen, die man in die Hand nehmen kann, hinterließen beim Betrachter einen „stärkeren Eindruck“.
Ausgedruckte Online-Bewerbungen wirken billig
Hinzu kommt: Spätestens nach dem ersten Sichten der Bewerbungen, wenn die Firmeninternen sich zusammensetzen, um zu entscheiden, wer in die engere Auswahl kommt, werden die Online-Bewerbungen ausgedruckt: „Und zwar in der Regel schwarz-weiß und auf normalem Kopierpapier“, weiß Personalberater Walz. Die Folge: Wenn die Bewerbungen gesammelt auf dem Tisch liegen, wirken die von der Assistentin hastig zusammengetackerten, ausgedruckten Online-Bewerbungen im Vergleich mit den schriftlichen Bewerbungsmappen meist billig und farblos.
Zwar betonen alle Unternehmen, die On- und Offline-Bewerbungen zulassen: Wir behandeln alle Bewerbungen gleich. Doch hierüber muss Berater Walz schmunzeln. Denn auch die Personalverantwortlichen sind Menschen. „Folglich wird auch ihre Entscheidung, welche Bewerbung spricht mich an, von solchen Faktoren wie dem Aussehen zumindest unbewusst mitbeeinflusst.“
Irrglaube „Schnelligkeit siegt“
Ein Grund, warum sich so viele Job-Sucher bevorzugt per Email bewerben, ist, dass mancher denkt: Wenn ich mich schnell bewerbe, erreiche ich eher mein Ziel. Das ist laut Walz ein Irrtum. Bei in Stellenanzeigen inserierten Stellen bleiben die eingehenden Bewerbungen nach Erscheinen der Anzeige in der Regel erst mal zwei, drei Wochen liegen. „Maximal schauen ein, zwei neugierige Mitarbeiter auf die Fotos, um zu sehen, wer sich bewirbt.“ Erst nach Ablauf der Bewerbungsfrist werden die Bewerbungen von den Verantwortlichen gesichtet und die Bewerber ausgewählt, die heiße Stellenkandidaten sind. Also bleibt ausreichend Zeit, sich schriftlich zu be-werben.
Oft ist es sogar kontraproduktiv, Bewerbungen zu schnell zu versenden. Denn wenn zum Beispiel eine Bewerbung per Mail bereits drei, vier Stunden nach Erscheinen der Anzeige bei einem Unternehmen eintrifft, dann ist dies für die Entscheider ein Indiz: Der Bewerber tauschte in seiner Standardbewerbung nur den Adressaten aus.
Andreas Lutz
Zum Autor: Andreas Lutz arbeitet u.a. als Print- und Online-Journalist für das Redaktions- und PR-Büro Die PRofilBerater, Darmstadt www.die-profilberater.de