Freunde sind treu, Kunden oft nicht. Deshalb versuchen Spitzen-Verkäufer, ihre Kunden als Freunde zu gewinnen – ohne Tricks, doch mit Erfolg.
Was haben alle Unternehmen, die langfristig Top-Umsätze und -Renditen erzielen, gemeinsam? Sie haben Freunde beziehungsweise Fans – also Kunden, die gerne und regelmäßig bei ihnen kaufen. Zum Beispiel, weil sie von ihren Produkten begeistert sind. Oder ihrem Preis-Leistungs-Verhältnis. Oder ihrem Service. Ebenso verhält es sich bei Verkäufern, die deutlich höhere Umsätze als ihre Kollegen erzielen. Auch bei ihnen kaufen Menschen gern – primär, weil sie sich im Kontakt mit diesen Verkäufern wohlfühlen und ihnen vertrauen.
Doch wie vermitteln Spitzen-Verkäufer Kunden dieses Gefühl? Welche Tricks wenden sie an, um die Sympathie oder gar Freundschaft ihrer Kunden zu gewinnen? Die Antwort ist einfach: keine. Ihr wichtigstes Erfolgsrezept ist: Sie begegnen den Kunden von Mensch zu Mensch. Sie verhalten sich weder unterwürfig noch arrogant. Sie be-gegnen ihnen auf Augenhöhe – wie Freunden. Deshalb fühlen sich die Kunden im Kontakt mit ihnen wohl und kaufen gerne bei ihnen. Hier einige Tipps, wie auch aus Ihren Kunden Freunde werden.
Faustregel 1: Freunde sind authentisch
Wer Menschen als Freund gewinnen möchte, sollte sich selbst akzeptieren. Denn wer sich selbst nicht mag, dem fällt es auch schwer, andere Personen zu mögen. Und wer sich selbst nicht akzeptiert, versucht andere Menschen zu kopieren – zum Beispiel deren Art, auf Kunden zuzugehen. Oder die Kaufentscheidung herbeizuführen.
Begehen Sie diesen Fehler nicht. Denn dann sind Sie nicht mehr authentisch. Und das spürt Ihr Gegenüber. Zum Beispiel anhand Ihrer (Körper-)Sprache. Also vertraut er Ihnen nicht und fühlt sich im Kontakt mit Ihnen nicht wohl.
Faustregel 2: Freunde zeigen Interesse
Was erwarten Sie von einem Freund? Dass er sich für Sie interessiert – und Ihre Wünsche und Sorgen. Für alle Top-Verkäufer gilt: Sie interessieren sich für Menschen – gerade weil sie so verschieden sind. Also fragen sie ihre Kunden zum Beispiel, was ihnen wichtig ist. Und sie hören ihnen aufmerksam zu. Außerdem signalisieren sie ihnen mit Worten und Gesten: Ich finde Sie und das, was Sie sagen, interessant. Und wenn den Verkäufern etwas unklar ist, fragen sie gezielt nach. Zum Beispiel: „Was heißt für Sie Sicherheit bei der Geldanlage?“ Oder: „Was nehmen Sie mit, wenn Sie mit Ihrer Familie in Ihrem neuen Auto in Urlaub fahren? Auch Sportgeräte und Ihren Hund?“
Das heißt: Ein Top-Verkäufer spult im Gegensatz zu ei-nem Nullachtfünfzehn-Verkäufer nicht einen antrainier-ten Fragenkatalog ab. Er passt vielmehr sein Verhalten situativ seinem Gegenüber an, so dass aus dem Verkaufsgespräch eine Art Ping-Pong-Spiel wird, an dem der Kunde und der Verkäufer Spaß haben.
Faustregel 3: Freunde tun Überraschendes
Hand aufs Herz: Treffen Sie in Ihrer Freizeit gerne Men-schen, bei denen Sie vorher schon genau wissen, wie der Abend verläuft? Bei denen Sie im Voraus sagen kön-nen, was sie Ihnen auftischen und erzählen? Die meisten Menschen finden solche Treffen langweilig und ermüdend – außer sie sind selbst gerade müde.
Anders ist es, wenn man voller Elan ist. Dann möchte man etwas erleben. Das wissen Top-Verkäufer. Deshalb verhalten sie sich in Verkaufsgesprächen oft bewusst anders als dies ihre Kunden erwarten. Das heißt: Sie sa-gen oder tun etwas, was den Kunden überrascht. Sie sa-gen zum Beispiel mitten im Verkaufsgespräch „Sie haben eine tolle Jacke an“ und wechseln so überraschend die Gesprächsebene. Oder Sie sagen, wenn Sie für einen Kunden nicht das Passende haben: „Gehen Sie zu unserem Mitbewerber ‚…‘. Dort finden Sie vermutlich.…“ Wenn Sie als Verkäufer so agieren, dann entgeht Ihnen zwar kurzfristig etwas Umsatz (den Sie vermutlich ohnehin nicht gemacht hätten). Der Kunde wird aber be-geistert sein, weil Sie sich wie ein Freund verhalten. Also kommt er mit Sicherheit wieder.
Faustregel 4: Freunde halten Kontakt
Eine Sache ist es, zu Kunden einen guten Draht aufzu-bauen, eine andere, den Kontakt zu einer Beziehung auszubauen. Das erfordert ein gewisses Engagement von Ihnen. Machen Sie es zum Beispiel wie der Inhaber eines Stuttgarter Modehauses. Er ruft, wenn eine neue Kollektion bei ihm eintrifft, regelmäßig seine Stammkun-den an und sagt zu ihnen beispielsweise: „Herr Mayer, bei mir ist eine neue Jacke eingetroffen, die Ihnen meines Erachtens sehr gut stehen würde. Soll ich sie Ihnen zurücklegen?“ Dass er damit auch eine Verkaufsabsicht hegt, stört seine Kunden nicht.
Der Modehaus-Besitzer notiert es sich auch, wenn er von einer Kundin erfährt, dass deren Sohn eingeschult wird und sie deshalb nervös ist. Und zwei, drei Wochen nach der Einschulung? Dann ruft er die Kundin an und fragt: „Frau Mayer, wie verlief die Einschulung Ihres Sohnes. Sie waren ja vorab…. “ Darüber, so seine Erfahrung, hat sich bisher noch jede Mutter gefreut. Ähnlich verfährt er bei anderen Anlässen.
Und was das Verrückte ist: Weil der Händler verinnerlicht hat, dass solche persönlichen Infos für den Beziehungs-auf- und -ausbau wichtig sind, hat er sie, wenn ein Kunde kommt, eigentlich stets parat. Denn in seinem Kopf ist fest verankert: Wenn ich Menschen als Freunde und Stammkunden gewinnen möchte, muss ich Ihnen wie ein Freund begegnen. Deshalb speichert sein Gehirn solche verkaufsrelevanten Infos fast automatisch. Also kann er sie bei Bedarf abrufen und seinen (Stamm-)Kunden wie ein Freund begegnen – was sich auch in seiner Ladenkasse bemerkbar macht.
Ingo Vogel
Zum Autor: Ingo Vogel, Esslingen, ist (Rhetorik- und) Verkaufstrainer und gilt als der Experte für emotionales Verkaufen (Tel. 0711/7676-303; E-Mail: info@ingovogel.de). Er ist unter anderem Autor der Bücher „Top-Emotional Selling – Die 7 Geheimnisse der Spitzenverkäufer“ und